Typen von X-Applikationen
Wie schon früher dargelegt, verwenden alle X-Clients die einheitliche
Programmierschnittstelle, die die Bibliothek Xlib zur Verfügung stellt.
Auch schon erwähnt wurde das Prinzip, dass die Xlib nur über einen sehr
rudimentären Befehlsumfang bereitstellt, weswegen fast alle
X-Applikationen komfortablere Bibliotheken verwenden, die selbst
wiederum auf der Xlib aufsetzen.
Toolkits und Widget-Sets
Solche Bibliotheken werden meist Toolkits oder Widget-Sets genannt. Sie
stellen eine umfangreiche Palette typischer graphischer Elemente zur
Verfügung: Druckknöpfe, Auswahl-Boxen, Text- und Zeichenfelder,
Pull-Down-Menüs etc. Solche Elemente werden in der X11-Welt Widgets
genannt, deshalb ist mit einem Toolkit immer ein Widget-Set assoziiert.
Athena-Toolkit
Bereits das erste offizielle Release von X11 enthielt das sog. Athena-Toolkit,
das ebenfalls am MIT entwickelt wurde. Eine Reihe einfacher
X-Applikationen verwendet dieses Toolkit bis heute.
Das ursprüngliche Athena-Toolkit hat zwei gravierende Nachteile: Es
stellt nur relativ wenige und einfache Widgets zur Verfügung und diese
Widgets sind zudem sehr spartanisch gestaltet, um nicht zu sagen
häßlich. Infolge dessen bieten sowohl komerzielle Anbieter als auch
freie Programmierprojekte erheblich umfangreichere und komfortablere
Bibliotheken an, mit Widgets, deren Erscheinungsbild nicht nur moderner
und ansprechender ist, sondern oft auch sehr weitgehend konfigurierbar
durch sogenannte Themen.
Motif
Schon früh etablierten sich die von der Open Software Foundation (OSF)
entwickelten Motif-Bibliotheken zum De-facto-Standard für kommerzielle
X-Applikationen. Sie bieten ein umfangreiches, ständig
weiterentwickeltes Widget-Set mit einem typischen, einheitlichen
Erscheinungsbild. Darüber hinaus bietet Motif zahlreiche
Hilfen
für Entwickler sowie einen eigenen Window-Manager,
der bereits behandelt wurde.
QT
QT (gesprochen wie englisch "cute") ist eine relativ neue Entwicklung
der norwegischen Firma Trolltech. Dieses Toolkit bzw. Widget-Set ist
neben Linux und den gängigen UNIX-Varianten auch für die
Windows-Plattform verfügbar und ermöglicht somit weitgehend
plattformunabhängiges Programmieren. QT war zunächst nur unter
eingeschränkten Bedingungen kostenlos verwendbar, ist aber inzwischen
vollständig zu "Open Source" übergegangen. Das wichtigste QT-Projekte
ist die Desktop-Umgebung KDE, die unter Linux große Verbreitung
gefunden hat. Mehr dazu im Kapitel X-Sessions
. QT erlaubt auch eine sehr flexible Anpassung aller seiner Widgets
durch Themes.
GTK+
Ursprünglich als Widget-Set für das mächtige Graphik-Programm gimp entwickelt, wurde
GTK+ im Rahmen
des gnome-Projekts - anfänglich eine Open-Souce-Gegenveranstaltung zu
KDE und QT - zu einem sehr umfangreichen, mächtigen und modernen
Toolkit ausgebaut. Ebenso wie mit QT lässt sich auch das
Erscheinungbild der GTK+ - Widgets mit Themes sehr weitgehend verändern.
Trotzdem sind auch heute noch X-Applikationen im Einsatz, die auf dem Athena-Toolkit beruhen, z.B. die Klassiker Xterm
und Emacs. Darüber hinaus hat Athena eine Reihe typischer
Kommandozeilen-Parameter etabliert, die meist auch von X-Programmen,
die auf anderen Toolkits beruhen, als Standard etabliert: die Toolkit-Optionen.
Links
- Web-Präsenz der Firma Trolltech
- Das KDE-Projekt
- Das gnome-Projekt
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